Offener Brief der Studierenden des Instituts für Judaistik an der Freien Universität Berlin
Berlin, den 25. Juni 2025
Mit großer Besorgnis haben wir, die Studierenden des Instituts für Judaistik an der Freien Universität Berlin, erfahren, dass das Verfahren zur Nachbesetzung der Professur von Prof. Dr. Giulio Busi vorübergehend unterbrochen werden soll. Dies hätte nicht nur erhebliche Konsequenzen für die Lehre und Forschung an unserem Institut, es gefährdet die Zukunftsfähigkeit der Judaistik an der FU Berlin existenziell.
Das Institut für Judaistik war das erste seiner Art in der Bundesrepublik Deutschland und steht für eine lange, durch den Nationalsozialismus unterbrochene Tradition jüdischer Studien im deutschsprachigen Raum. Seit 26 Jahren hat die Professur von Dr. Giulio Busi das Institut durch international renommierte kulturhistorische Forschung geprägt und einen Schwerpunkt auf Sichtbarkeit jüdischer Diversität im öffentlichen Raum gelegt, an einer Einrichtung, die immer auch Ausdruck der besonderen historischen Verantwortung Deutschlands war. Durch den Wegfall dieser Professur würde die Möglichkeit verloren gehen, an das bisherige Vermächtnis anzuknüpfen – die fachliche Kontinuität wäre unterbrochen, und wichtige zukünftige Arbeit in diesem Bereich bliebe aus. Der Verlust beeinträchtigt nicht nur die inhaltliche Ausrichtung des Instituts im Hier und Jetzt, sondern mindert auch nachhaltig die Sichtbarkeit jüdischer Studien am Standort Berlin.
Aus studentischer Perspektive ergeben sich darüber hinaus konkrete Probleme:
Eine Unterbrechung des Berufungsverfahrens führt zu einer erheblichen Verzögerung. Bereits jetzt ist absehbar, dass eine Nachbesetzung zum nächsten Semester nicht mehr gewährleistet werden kann, mit strukturellen Folgen, die sich kaum intern auffangen lassen. Sollte die Professur nun aufgrund der Sparvorgaben des Senats, wenn nicht gestrichen, so doch auf absehbare Zeit nicht besetzt werden, bleiben zentrale Themenbereiche der Judaistik unterrepräsentiert und können in der Lehre nicht mehr adäquat vermittelt werden. Die Betreuung von Abschlussarbeiten und Forschungsprojekten verschlechtert sich spürbar, was zunehmend zu verzögerten Studienabschlüssen führt. Dies macht den Studienstandort FU für Interessierte unattraktiver, was die langfristige Perspektive des Instituts bedroht.
Wir sind uns der haushaltspolitischen Lage des Landes Berlin bewusst und verstehen, dass der Hochschulbereich vor finanziellen Herausforderungen steht. Unverständlich hingegen ist, angesichts aktueller gesellschaftlicher Entwicklungen und zunehmender Unkenntnis über die Geschichte des Judentums in Deutschland, den Erhalt einer Institution der kontinuierlichen wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit jüdischer Geschichte, Religion, Literatur und Kultur aufs Spiel zu setzen.
Wir fordern daher:
* Die Weiterführung des Verfahrens zur Nachbesetzung der Professur von Prof. Dr. Giulio Busi.
* Eine langfristige Sicherung des Instituts für Judaistik als eigenständige wissenschaftliche Einheit an der Freien Universität Berlin.
* Eine verlässliche Perspektive für Studierende und Lehrende im Bereich Judaistik.
* Transparente Entscheidungsprozesse bei Kürzungen und Berufungsverfahren, insbesondere in Fächern mit gesellschaftspolitischer Relevanz.
Wir stehen hinter dem Institut und möchten weiterhin in einem Umfeld studieren und forschen, das fachlich differenziert, methodisch vielfältig und gesellschaftlich relevant bleibt.
Die Fachschaftsinitiative des Instituts für Judaistik an der Freien Universität Berlin